von Jürgen Rottmann
Meckinghoven – Die Radlerin auf dem Leinpfad am Dattelner Ufer des
Unterwassers der Schachtschleuse von 1914 am Industriemuseum Schleusenpark
meint es nur gut, aber sie trifft den Mann ins Herz, der da gerade seine
Arbeit verrichtet: „Warum machen Sie das? Die Rabauken, die sich hier fast
jede Nacht treffen, machen das morgen doch so wie so wieder kaputt.“
Der so Angesprochene ist Designer Peter Sleboda aus Recklinghausen. Er ist
gerade dabei, im Auftrag des Plattdeutschen Sprach- und Heimatvereins Datteln
die historische Zeittafel „Alte Schachtschleuse“ zum x-ten Mal, nach
Vandalismus-Schäden repariert, wieder anzubringen. Diesmal, so meint Sleboda,
sei man besonders brutal vorgegangen: „Die Schrauben waren verbogen, das
Plexiglas zersplittert. Da ist Werkzeug verwendet worden. In ‚Handarbeit‘ geht
das so nicht.“ Auch die Vorsitzende des Heimatvereins, Gertrud Ritter,
versteht die immer wieder verübten Übergriffe auf die inzwischen 20
Zeittafeln, die der Verein seit den 80er Jahren an historischen Gebäuden in
Datteln und Cannock platziert hat, nicht. Nicht nur die Vereinskasse stöhnt
unter den ständigen Reparaturrechnungen: „Man sollte Respekt haben vor dem
Eigentum Anderer und der Arbeit der Menschen, die ihre Freizeit dafür opfern,
die Inhalte der Tafeln zu recherchieren und die Texte zu schreiben.“ Eine
Gruppe Rad-Touristen hält an und freut sich über die Informationen zu dem
imposanten Gebäude, das mit seinen beiden Turmhauben an Wehrbauten des
Mittelalters erinnert. Und ohne die Zeittafel wären auch sie wahrscheinlich
dem Irrtum anheimgefallen, der Charakterkopf an der Front stelle Kaiser
Wilhelm II. dar. Da klärt die, 2006 erstmals installierte Tafel auf: Es
handelt sich um den Ingenieur-Wissenschaftler Rudolph Haack (1833-1909). Haack
erwarb sich als langjähriger Chef der Stettiner Vulcan-Werft große Verdienste
um den Eisen-Schiffbau. Darüber hinaus war er schiffbaulicher Berater des
deutschen Kaisers und als Gutachter für Schiffbau, Binnenschifffahrt und
Wasserstraßen unter anderem für das Projekt „Schiffshebewerk Henrichenburg“
zuständig. Von beiden Seiten lesbar informiert die Tafel jetzt wieder die
Besucher aus nah und fern über ein interessantes Kanalbauwerk. Nicht nur
Gertrud Ritter und Peter Sleboda sind der Meinung, dass sie es verdient hätte,
in Zukunft von mutwilliger Zerstörungswut verschont zu bleiben: „Die Tafel
kann sich nicht einmal wehren.“
Designer Peter Sleboda (l.) und die Vorsitzende des Heimatvereins, Gertrud
Ritter haben die Tafel an der Schachtschleuse nach Reparatur wieder
aufgestellt. Foto: Rottmann