Glaube(n)

Die Stadt Datteln, die katholische und evangelische Kirchengemeinde Datteln

und der Plattdeutsche Sprach- und Heimatverein Datteln hatten am Samstag, 9.

Oktober zu einer Gedenkstunde aus Anlass des 75. Jahrestages der Reichs-

Pogromnacht vom 9. November 1938 geladen. Treffpunkt war die Stelle, an der

von 1929 bis 1984 die kleine Synagoge der jüdischen Gemeinde Datteln stand. In

kurzen Wortbeiträgen und Gebeten gedachten die Vorsitzende des Sprach- und

Heimatvereins, Gertrud Ritter, der stellvertretende Bürgermeister André Dora

und die Pfarrer Martin Limberg und Thomas Mämecke der Greueltaten, die das

Nazi- Schreckens einst „im Namen des deutschen Volkes“ beging und mahnten an,

dass sich dergleichen niemals wiederholen dürfe. Jürgen Rottmann hat passend

zum Anlass eine kleine „etwas andere“ Homage an die nicht mehr existente

Synagoge geschrieben und vorgetragen.

Hier der Text:

Glaube(n)

Die Stadt hat viele Kirchen

und auch eine Moschee.

Fast jedem also sein Plaisierchen,

wohin zum Gottesdienst er geh’.

Christen, Moslems und dergleichen,

was einen festen Glauben hat,

kann sein Seelenheil erreichen,

hat Gotteshäuser in der Stadt.

Nur Synagogen gibt es keine

seit vielen Jahren in der Stadt;

nicht einmal ’ne ganz, ganz kleine,

die Platz in einem Zimmer hat.

Die hat es aber einst gegeben

beim „Gänsemarkt“ am „Türkenort“

mit jüdischem Gemeindeleben

und der Thora-Rolle Wort.

Wo das Bethaus einst gestanden,

grad’ ein Wohnhaus wird gebaut.

Wirklich nichts war mehr vorhanden,

auch wenn man mit der Lupe schaut.

Menschen werden bald dort leben

mit Handicap, doch wohl betreut.

Zeitzeugen wird’s bald nicht mehr geben,

die lebten hier in jener Zeit.

Das „dritte Reich“ mit seinen Schrecken

hat überlebt der kleine Bau.

Später dann an allen Ecken,

verfiel er und wurd’ alt und grau.

War auch nach dem Sinneswandel

keine Synagoge mehr,

barg einen Hühnerfutterhandel,

war Garage, später leer.

Dann war sie plötzlich ganz verschwunden,

da, wo sie einst gestanden hat.

schön wär’s, wir könnten jetzt bekunden –

’s gibt wieder Juden in der Stadt.

von Jürgen Rottmann