An der Demokratie arbeiten
Stefan Huxel, Dattelner Morgenpost, 10.11.2016
DATTELN. Es war die Nacht des 9. November 1938, als die Nationalsozialisten in
Deutschland Synagogen und Geschäfte von Juden demolierten oder anzündeten, 1
400 Menschen starben. In Folge dieser Pogromnacht wurden auch die 33 Dattelner
Juden Opfer der Verfolgung. Im Rathaus wurde gestern Abend an die Gräueltaten
erinnert.
Seit Beginn diesen Jahres hat es bundesweit 800 Angriffe auf
Flüchtlingsunterkünfte gegeben, sagte Bürgermeister André Dora und fragte:
„Haben die Deutschen aus der Geschichte nichts gelernt?“. Umso wichtiger sei
es, an die Ereignisse in der Vergangenheit zu erinnern.
Denn es beginne, wie im US-Präsidentschaftswahlkampf geschehen, mit „Worten,
mit denen man auch schießen kann“, so Dora – und so Ängste geschürt würden.
Kritik an Politik und Verwaltung sei unverzichtbar. Dora fordert: „Es ist
wichtig, dass wir uns engagieren, dass wir jeden Tag an unserer Demokratie
arbeiten.“ Wehret den Anfängen.
Vor 78 Jahren litten auch die 33 Dattelner Juden unter der Verfolgung. „Das
öffentliche Leben der Juden kam nach dem Pogrom völlig zum Erliegen“,
berichtete Heimatverein-Vorsitzender Theodor Beckmann. Sie gaben ihre
Geschäfte auf, flüchteten oder wurden deportiert und ermordet. Nicht ein Jude
lebt heute in Datteln.
Lediglich zwei Gedenktafeln vor dem Sitzungssaal im Rathaus erinnern an die
Jüdische Gemeinde (1814-1942). Schüler der Klasse 9 a des Comenius-Gymnasiums
lasen Berichte von Kindern vor, was sie gesehen und wie sie die Nacht des 9.
November 1938 erlebt hatten. Dabei spannten die Schüler den Bogen zu aktuellen
Ereignissen, dass fremdenfeindliche Äußerungen wieder gesellschaftsfähig
werden und Flüchtlingsheime brennen.
Bildunterschrift: Theodor Beckmann, Vorsitzender des Heimatvereins, gedachte
der 33 Dattelner Juden, die von den Nazis verfolgt wurden. Im Hintergrund
(rechts) hängen die zwei Gedenktafeln an die ehemalige jüdische Gemeinde.
(Foto: Stefan Huxel)