Die evangelische Kirchengemeinde Datteln hatte den Vorsitzenden des
Plattdeutschen Sprach- und Heimatvereins, Theodor Beckmann, eingeladen, die
Festgäste am Tage des feierlichen Jubiläums des Lutherhauses mit den Anfängen
der Geschichte des Hauses vertraut zu machen. 1916 war, trotz der
Schwierigkeiten der Kriegszeit, der Druck der Evangelischen in Datteln so groß
geworden, einen größeren Besaal zwischen Dorf und Beisenkampsiedlung als
lebendiges Zentrum des Gemeindelebens zu schaffen. Die kleine Kapelle in der
Nähe des Schiffshebewekrs war zu klein und zu weit weg von der Mehrzahl der
Wohnungen, in denen die nach Datteln gezogenen Bergarbeiter ihre neue Heimat
gefunden hatten. Und für den Bau einer richtigen Kirche, wie die Gemeinde sie
beantragt hatte, gab es in den Kriegstagen seitens des Konsistoriums in
Münster keine Genehmigung. So entschied das Presbyterium unter der Leitung von
Pfarrer Wunderlich kurz entschlossen, an der Brückenstraße statt der zunächst
geplanten „Kinderbewahrschule“ ein Gemeindehaus mit Bersaal und Räumen für
Vereinsaktivitäten zu errichten.
„Wo der Herr nicht das Haus bauet, so arbeiten umsonst, die dran bauen. Wo der
Herr nicht die Stadt behütet, so wachet der Wächter umsonst.“ (Psalm 127)
So steht das Lutherhaus als ein in Stein gemauertes Zeichen für die
Entwicklung Dattelns von einer kleinen evangelischen Diasporagemeinde zu einer
aufstrebenden Industriegemeinde. Als der Hülfsprediger Heinrich Trippe 1898
ins Ostvest kam, lebten in Datteln und Waltrop etwa 250 Evangelische – und sie
wohnten natürlich nicht als Händler und Handwerker im Dorf Datteln oder als
Bauern in den Bauerschaften, sondern als Kanalarbeiter in der Nähe des
Schiffshebewerks Henrichenburg im Dattelner Süden. Deshalb entstand der erste
evangelische Kirchbau der Kirchengemeinde Waltrop-Datteln im Süden
Meckinghovens an der Stadtgrenze zu Waltrop. Erst die Teufung der Zeche
Emscher-Lippe und der Bau der Beisenkampsiedlung ließ die Zahl der
evangelischen Gemeideglieder in Datteln rasch anwachsen, 1916 lebten schon
etwa 5000 Evangelische im Amt Datteln, die sich eine religiöse Heimat
wünschten.
„Zum Bauen bin ich gedrungen, Gott sei Dank, es ist gut gelungen.“
Am 17.12.1916 wurde das Lutherhaus als Mittelpunkt des evangelischen
Gemeindelebens eröffnet, als Gottesdienststätte mit Betsaal,
Versammlungsräumen für die evang. Vereine und zwei Wohnungen. 100 Jahre später
steht und lebt das Haus immer noch, auch wenn es in seiner Geschichte zweimal
runderneuert wurde: das erste Mal 1969/70, als der große Saal abgerissen und
neu errichtet, der Glockenturm zurückgebaut und der Hauptbau renoviert und für
seine neue Bestimmung als Altenstube eingerichtet wurde; und das zweite Mal,
als das Haus 2013/14 für die Nutzung als Kindergarten umgestaltet wurde.
Zum Ende seiner Ausführungen übergab der Vorsitzende des Heimatvereins der
evangelischen Kirchengemeinde zwei Geschenke: zum einen überreichte er
Pfarrerin Kuckshoff ein dickes Buch mit kurzen Texten von Martin Luther für
jeden Tag aus dem Jahre 1902, das lange Jahre von einer Familie aus der alten
Kirchengemeinde Waltrop-Datteln in Ehren gehalten wurde; zum zweiten machte er
die Zusage, im nächsten Jahr am Brückenhaus eine weitere Zeittafel
aufzustellen.
Foto: Pfarrerin Susanne Kuckshoff nimmt vom Vorsitzenden des Dattelner
Heimatvereins Theo Beckmann ein dickes Buch mit Texten von Martin Luther für
jeden Tag des Jahres entgegen. (Foto: Norbert Schmitz)