Wie die Deutschen Luther sahen
Am vergangenen Wochenende unternahm eine kleine Gruppe aus Datteln, geführt
von Theodor Beckmann vom Plattdeutschen Sprach- und Heimatverein, einen Besuch
des LWL-Landesmuseums für Klosterkultur in Dalheim. Anlass für diesen
gemeinsamen Tagesausflug der VHS, der Ev. Kirchengemeinde und des
Heimatvereins war die im Kloster Dalheim seit November 2016 laufende
Lutherausstellung „Luther. 1917 bis heute“, die der Frage nachgeht, was den
Reformator bis heute zu einer Schicksalsfigur der Deutschen macht. Dabei
beschränkt sich die Ausstellung nicht nur auf den Zeitraum der vergangenen 100
Jahre, sondern widmet sich ergänzend ausführlich Luther und seiner Zeit im 16.
Jahrhundert. Staunend betrachteten die Besucher aus Datteln beispielsweise
Murmeln aus dem Wohnhaus der Luthers in Mansfeld, mit denen der kleine Martin
vielleicht gespielt hat, ein Messgewand des Reformators, ein Luther-Portrait
des Malers Lucas Cranach oder auch die legendäre Truhe, in der der
Dominikanermönch Johann Tetzel die Einnahmen seiner Ablasspredigten anhäufte.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht natürlich die Auslegung und Wahrnehmung
der Lehren Martin Luthers durch 100 Jahre deutsche Geschichte bis in die
Gegenwart. Herr Rupp vom Museumsteam erläuterte der Besuchergruppe aus Datteln
die drei Phasen der Luther-Rezeption seit 1917: als Nationalheld zur
400-Jahrfeier des Thesenanschlags, als sogenannter „deutscher Luther“, den die
Nationalsozialisten für ihre Propaganda vereinnahmten, als „Fürstenknecht“
oder später als Anführer der „ersten frühbürgerlichen Revolution“ in der DDR.
Immer wieder wurde der Reformator von der Obrigkeit vereinnahmt, wurden seine
Äußerungen in einen neuen politischen Zusammenhang gesetzt. Die zahlreichen
Exponate in Dalheim sind geeignet zu verdeutlichen, wie sehr jede Zeit sich
den Luther formte, der zu ihr passte. Nicht immer traf dabei das Bild von ihm
seine eigenen Ideen.
Foto: Modell der Klosteranlage Dalheim
Abgerundet wurde der abwechslungsreiche Museumsbesuch durch überraschende
Einblicke in das Klosterleben des späten Mittelalters, durch ein
Mittagsbuffet, ein Kaffeetrinken und durch einen abschließenden
Nachmittagsspaziergang in den weitläufigen Klostergärten.