Auch wenn die Corona-Pandemie das Vereinsleben jüngst stark beeinträchtigt
hat, so gilt es in diesem Jahr, 100 Jahre Sprach- und Heimatpflege in Datteln
gebührend zu begehen. Mitglieder und Freund*innen des Plattdeutschen
Sprach- und Heimatvereins sind herzlich eingeladen, mit uns zu feiern: am 27.
August 2022 ab 15 Uhr auf Hof Beckmann, Hagemer Kirchweg 95.
Der Plattdeutsche Sprach- und Heimatverein Datteln sieht sich in der Tradition
der Plattdeutschen Theaterspielgruppen wie der Plattdeutschen
Abendgesellschaft, der Plattdeutschen Heimatbühne oder der Plattdeutschen
Sprachgemeinschaft und des Vereins für Orts- und Heimatkunde.
Im Jahr 1922 gründeten Mitglieder des Katholischen Gesellenvereins die
Plattdeutsche Theaterabteilung. Damit war der Grundstein zur Pflege und
Erhaltung der plattdeutschen Sprache gelegt. Sie stellten es sich zur Aufgabe,
die plattdeutsche Sprache zu fördern und zu pflegen, um sie vor dem drohenden
Untergang zu bewahren. Durch Aufführungen von plattdeutschen Laienspielen
erreichten sie nicht nur das gesteckte Ziel, sondern konnten gleichzeitig den
Dattelnerinnen und Dattelnern Freude und Abwechslung bringen, denn in jenen
Jahren nach dem Ersten Weltkrieg wurde in Datteln kulturell noch wenig
geboten. Als „Plattdeutsche Abendgesellschaft“ führten sie . in gewissen
Zeitabständen mit großem Erfolg plattdeutsche Theaterstücke im „Deutschen
Hof“, „Gasthof Merle“ (auch „Vestischer Hof“ genannt) oder im Katholischen
Gesellenhaus auf.
Bericht in der Recklinghäuser Zeitung vom 02.04.1930:
Datteln, 2. April. (Plattdeutsche Theateraufführung.) Im Rahmen der
kulturellen Volksabende ging im Gesellenhaus das von der plattdeutschen
Abendgesellschaft eingeübte plattdeutsche Stück „Söffkes von Gievenbeck“ über
die Bretter. Trotz mehrmaliger Aufführung dieser Posse war auch diesmal der
Saal des Gesellenhauses bis auf den letzten Platz besetzt. Unter der
künstlerischen Leitung des Spielleiters Ferdinand Lenfert (Datteln) waren
Bühnendekoration und Beleuchtung in jeder Weise dem Inhalt des Stückes
angepaßt. Die Kostüme waren der münsterländischen Gegend angepaßt und
besonders im dritten Akt der Handlung reizend und farbenfroh. Das Spiel, das
reich an Einlagen war, gefiel besonders bei der Tanzszene und der Einlage
„Komm Brüderchen, komm tanz mit mir“, Josef Klären als Organist verstand es
durch sein meisterhaftes Spiel, sich der Handlung des Stückes und der
Spielweise der einzelnen Mitspieler anzupassen. Die Spieler gaben ihr Bestes
und es wäre nicht angebracht, einige Personen aus dem Rahmen hervorzuheben.
Im Jahr 1949 übernahm Josef Schemann den Vorsitz der Plattdeutschen
Abendgesellschaft und nannte sie die Plattdeutsche Heimatbühne. Unter
Mitwirkung von Anton Weißhaupt, Kaplan Grauthoff, Lehrer Schulte-Althoff,
Lehrer Sandhofe und Lehrer Quinkenstein aus Datteln sowie Rektor Biermann aus
Oer-Erkenschwick und Heinrich Brathe aus Recklinghausen blühte der Verein auf.
Josef Schemann war es auch, der innerhalb der Plattdeutschen Heimatbühne die
Plattdeutsche Sprachgemeinschaft gründete. Durch regelmäßige bunte Abende in
plattdeutscher Sprache konnte ein großer Personenkreis angesprochen und eine
höhere Mitgliederzahl erreicht werden.
Sie lenkten die Plattdeutsche Sprachgemeinschaft 1952: Aenne Wachsmann,
Anton Weißhaupt und Josef Schemann.
Auf Initiative von Baas Heinrich Brathe wurden nach der Erkrankung von Josef
Schemann 1952 beide Gruppierungen unter dem Vorsitz von Aenne Stein
zusammengefasst. Josef Schemann stand dem Verein als beratendes
Vorstandsmitglied weiterhin zur Seite. In dieser Zeit entstanden z.B. auch die
Dattelner Heimatlieder von Anton Weißhaupt „Mein Dall´n“ und „Dall´n am
Kanal“. Ebenso schrieb Aenne Wachsamnn das Lied „So schön es Dall´n jeder weet
…“ sowie zahlreiche Heimatgedichte.
1959 schloss sich die Plattdeutsche Sprachgemeinschaft dem Verein für Orst-
und Heimatkunde an. Die Feier des Zusammenschlusses beider Vereine fand im
großen Saal des Kolpinghauses statt. Ehrenvorsitzender Anton Weißhaupt konnte
ein vollbesetztes Haus begrüßen. Unter den Ehrengästen waren auch Amtsdirektor
Kierfeld, der Leiter des Heimatmuseums Dr. Hermann Grochtmann und der
Heimatdichter Hiärm Wember. Sein plattdeutsches Referat „Gedanken üm Heimat un
Moderspraok“ brachte zum Ausdruck, dass der Zusammenschluss beider Vereine
keine „Vereinsmeierei“ sei, sondern eine Herzenssache, den Heimatgedanken und
die Muttersprache nicht aussterben zu lassen.
Die Chronik der Plattdeutschen Sprachgemeinschaft, in der diese Geschichte
aufgezeichnet worden ist, wurde 1990 dem Plattdeutschen Sprach- und
Heimatverein Datteln von Anny Meisterernst übergeben. In ihr hatte ihre
Mutter, Aenne Wachsmann viele Lieder, Gedichte und Zeitungsausschnitte über
die damaligen Veranstaltungen zusammengetragen.
Lange Jahre arbeiten die verschiedenen Theaterspielgruppen und der Verein für
Orts- und Heimatkunde partnerschaftlich zusammen. Der Geschichtsverein wurde
am 1. Oktober 1924 unter dem Vorsitz des Rektors Adolf Hunke gegründet. Als
Rektor der Volksschule in Meckinghoven dokumentierte er die Geschichte der
Bauerschaft Meckinghoven und hielt heimatkundliche Vorträge, z. B. über den
Flachsanbau sowie über Sitten und Gebräuche unserer Vorfahren.
Unter seinem Vorsitz richtete der Verein für Orts- und Heimatkunde Datteln im
Dorfschultenhof die ersten Ausstellungsräume ein. Diese Räume wurden mit
heimatkundlichen und heimatgeschichtlichen Ausstellungen ausgiebig genutzt,
auch von seinem Nachfolger, dem Lehrer und Heimatforscher Heinrich Sandhofe.
Besondere Anerkennung als Vorsitzender des Vereins hat sich Dr. Hermann
Grochtmann erworben. Seiner Tatkraft war es zu verdanken, dass das
Heimatmuseum 1957 wiedereröffnet werden konnte, nachdem es durch
Kriegseinwirkungen beschädigt worden war. Durch den guten Kontakt Dr.
Grochtmanns zu allen Bevölkerungsschichten und sein reiches Wissen konnten dem
Museum immer wieder wertvolle Gegenstände zugeführt werden.
Nach seimem Tod kam der Verein zum Ruhen. Am 3. Februar 1981 kam es zur
Wiederbelebung des Vereins unter dem neuen Namen „Plattdeutscher Sprach- und
Heimatverein Datteln“. Seitdem wurde der Verein durch drei Vorsitzende
geführt, Richard Zimmermann (1981-84), Gertrud Ritter (1984-2014) und Theodor
Beckmann (seit 2014). In den 30 Jahren ihrer Amtszeit war es Gertrud Ritter
immer ein Herzensanliegen, durch plattdeutsche Theaterstücke, bunte
plattdeutsche Nachmittage sowie plattdeutsche Schülerlesewettbewerbe die
plattdeutsche Mundart in Wort und Schrift zu erhalten. Bis heute wird die
nähere und weitere Umgebung regelmäßig mit dem Rad oder per Bus erkundet.
Eines der Ziele des Vereins ist sein Einsatz für den Erhalt der lokalen
Kulturdenkmäler, durch das Anbringen von historischen Zeittafeln wird die
Geschichte der denkmalgeschützten Häuser festgehalten und der Öffentlichkeit
nahegebracht. Durch die Aufarbeitung der Dattelner Heimatgeschichte in den
„Dattelner Heften“ bleiben Teile der Dattelner Geschichte in lebendiger
Erinnerung. Im Internet präsentiert der Vorsitzende in acht Kategorien „Die
Perlen der Stadt“. Das jüngste Projekt des Vereins ist die „Dattelner
Stadtralley“: An 11 Stationen in der Innenstadt hängen die Hinweisschilder mit
einem QR-Code, über den die dazugehörige Internetseite aufgerufen werden kann:
Die Nutzer*innen erfahren hier Wissenswertes aus Vergangenheit und Gegenwart.
Kurze informative Texte, historische und aktuelle Fotos, kleine Videosclips
können auf´s Smartphone geladen werden.
Auch wenn die Corona-Pandemie das Vereinsleben zwei jahre lang stark
beeinträchtigt hat, so gilt es nun, 100 Jahre Sprach- und
Heimatpflege in Datteln gebührend zu begehen. Mitglieder und
Freund*innen des Vereins sind herzlich eingeladen, mit uns zu feiern: am 27.
August 2022 ab 15 Uhr auf Hof Beckmann, Hagemer Kirchweg 95.