Da sage einer, der Hauch der konkret erlebten Heimatgeschichte habe bei ihm kein Gänsehaut-Gefühl erzeugt.

Auf die Spuren der Dattelner Barockorgelbauer Joannes und Heinrich Streffing, deren Schaffenszeit für den Zeitraum von 1733 bis 1764 belegt ist, hatten sich 39 Mitglieder des Plattdeutschen Sprach- und Heimatvereins Datteln beim Jahresausflug gesetzt. Fahrtziel war die evangelische Stadtkirche in Remscheid-Lüttringhausen.

Die wurde nach dem verheerenden Stadtbrand von 1733 des damals noch selbstständigen Städtchens Lüttringhausen in der heutigen Form mit den riesigen Emporen und einem Fassungsvermögen von rund 1000 Personen wieder aufgebaut, und 1738 mit eben jener großen Orgel ausgestattet, die die Lüttringhausener 1736 bei dem „westfälischen Orgelmacher Joannes Streffing zu Datteln“ bestellt hatten, ein Jahr nach der Kirchweihe von 1737 geliefert bekamen, und mit 775 Reichsthalern bezahlen mussten.

Jürgen Harder, nach 42 Jahren als Kirchenmusiker soeben in den Ruhestand getreten, stellte den Besuchern aus Datteln „seine“ Orgel zunächst in einem spannenden Vortrag und dann mit virtuosen Kabinettstückchen quer durch die Orgelliteratur der Jahrhunderte auch akustisch vor. Was da klingt, ist freilich eine Orgel der Firma von Beckerath aus Hamburg aus den 1970er Jahren. Die äußere Hülle ist nach Rekonstruktion heute wieder „Original-Streffing“. Einige Zierfiguren im Prospekt sind gar historische Streffing-Orginale. Streffing original ist auch der, durch die bauliche, nach rechts und links seitlich, anstatt nach vorn weisende Anordnung der Pedaltürme der 24-Register- Orgel, bedingte Klangeffekt. Nicht so ganz „westfälisch“, aber im Bergischen Land durchaus üblich, ist auch die Anordnung der Orgel samt Spieltisch hoch oben über Altar und Kanzel.

Betrachtet man die Orgel als Gesamtkunstwerk, stellt sich die Frage, warum Lüttringhausen der einzige komplette Neubau der beiden „Orgelmacher zu Datteln“ blieb, die im Reparatur- und Pflegebereich in Westfalen offenbar durchaus einen guten Ruf hatten. Tief beeindruckt von diesem „Abtauchen“ in greifbare Heimatgeschichte, rundeten die Ausflügler mit Besuchen an den beiden „TOP 50“-Sehenswürdigkeiten Müngstener Brücke und Schloss Burg zu einem gelungenen Tag im Bergischen Land ab.

Tief beeindruckt vom „Abtauchen“ in konkrete Heimatgeschichte lauschen die Mitglieder des Heimatvereins den Ausführungen des Lüttringhauser Kirchenmusikers Jürgen Harder über die Streffing-Orgel aus Datteln.

König David und die Posaunenengel im Prospekt der Orgel sind noch Originalteile aus den Händen der Streffing-Brüder

Es sieht so aus, als säße er mitten drin in der Orgel. Jürgen Harder steht neben dem Spieltisch ganz oben.

„Bergische Kaffeetafel – oder besser gesagt, das, was der Wirt des „Hauses Müngsten“ dafür hielt – am großen Panoramafenster mit Blick zur Müngstener Brücke.

Letzte Station im Bergischen Land: Schloss Burg an der Wupper

(Text und Fotos: Jürgen Rottmann)