„Datteln kennen lernen, die Grenzen abschreiten und den Nachbarn begegnen” – so lautet unser Motto, das angelehnt wird an einen altwestfälischen Rechts- und Volksbrauch: Schnadgänge haben Ihren Ursprung in den Grenzbegehungen des Mittelalters, als es noch kein Kataster gab oder Steine die Gemeindegrenzen markierten. Natürlich rechnet heute niemand mehr damit, dass die Nachbargemeinden ihr Gemeindegebiet durch heimliche Verschiebung der Grenzen zu vergrößern beabsichtigen. In vielen Orten Westfalens wurde der Brauch wiederbelebt – und er dient nicht nur den Geographiekenntnissen, sondern vornehmlich der Stärkung des Heimatbewusstseins.

Unter der Leitung des Vereinsvorsitzenden Theodor Beckmann startete der diesjährige Schnatgang des Dattelner Heimatvereins bei strahlendem Sonnenschein am Parkplatz Katenkreuz, um von dort gemeinsam die Gemeindegrenze zu Oer-Erkenschwick zu erkunden. 20 gut gelaunte Wanderer machten sich auf den 6 Kilometer langen Weg in Richtung Dattelner Gebietsgrenze, um eine unterhaltsame und gleichermaßen Erkenntnis erweiternde naturnahe Tour zu unternehmen.

Sie kamen vorbei an einem kleinen Wall, auf dem eine Reihe bizarre Bäume stehen. Es sind Buchen, die früher einmal eine lichte Hecke bildeten, um die Felder von Wildtieren freizuhalten. Die Bäume wurden eng gepflanzt, drei auf einen Meter. Wenn sie etwa 1 bis 1,5 Meter hoch waren, bog man sie zu einem Flechtzaun. Drahtsifte hielten sie in der gewünschten Richtung. Im Laufe der Zeit verbanden sich die Stämmchen zu einem dichten Zaun. Als der Zaun dann nicht mehr beschnitten wurde, wuchs er durch zu den heute so bizarr wirkenden Bäumen.

An Aschenbrocks Ort stößt die Gruppe auf eine Messstation des Landesamtes für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz (LANUV). Hier wachsen etwa 140 alte Buchen. In Behältern wird Regenwasser aufgefangen, das durch die Kronen tropft und/oder an den Stämmen herunterläuft, und mit dem Ziel untersucht, Daten über die Luftverschmutzung zu erhalten.

An der versiegten Gernequelle gibt’s für die Heimatfreunde eine kleine Stärkung, denn hier verläuft die Grenze zwischen Datteln und Oer-Erkenschwick. Vor Ort finden sich dafür keine konkreten Hinweise, der Blick auf die Karte bestätigt aber den Grenzverlauf.

Über die Grenze hinweg führt der Weg zum Stollenmundloch der kleinen, lange vergessenen Abbaustätte mit dem Namen „Braunkohlen-Bergwerk Wald II“. Wer die Stelle nicht kennt, läuft leicht an diesem Stolleneingang vorbei, aus dem in der Mitte des 19. Jahrhunderts Braunkohle ans Tageslicht befördert wurde. Das Flöz mit einer Mächtigkeit von 2 Fuß 4 Zoll (ca. 73 cm) war Europas nördlichstes Braunkohle-Vorkommens. In der heute zu sehenden Form wurde das verfallene Stollenmundloch 1992 von Auszubildenden des Bergwerks Haard wieder hergerichtet; hinter dem Gittertor stellten sie eine Statue der Hl. Barbara auf, die auch Schutzpatronin der Bergleute ist.

Zum Abschluss der gemütlichen Wanderung gab es Kaffee und Kuchen in der Haard- Oase.